Vom Schicksal der Redshirts

Wirft man einem Nicht-Trekkie das Schlagwort „Rothemden“ um die Ohren, wird dieser einen verwirrt und leicht entsetzt anstarren und im besten Falle irgendetwas von „Das ist bestimmt was Klingonisches, du und dein ‚Star Trek'“ murmeln …

Wikipedia ist da schon ein wenig auskunftsfreudiger. Gibt man dort „Rothemden“ ein, erhält man den folgenden Eintrag:

Rothemden steht für:

  • die Freischärler Garibaldis beim sizilianischen Zug der Tausend

  • die Mitglieder der thailändischen National United Front of Democracy Against Dictatorship

  • Redshirt − Figur (vor allem einer Fernsehserie), die kurz nach ihrem Auftritt stirbt

Bilden wir uns jetzt erst einmal ein bisschen fort (und hinterher ein, wir hätten uns nützliches Wissen angeeignet − auch hier darf ich wieder Wikipedia zitieren):

„Als Zug der Tausend (italienisch spedizione dei Mille) bezeichnet man den Marsch einer 1067 Mann starken Truppe aus Freiwilligen, wegen ihrer Uniformierung Rothemden genannt, die unter der Führung von Giuseppe Garibaldi am 11. Mai 1860 auf Sizilien landete und im Zuge des Risorgimentos die süditalienische Insel von der Herrschaft der spanischen Bourbonen befreite.“

„Die National United Front for Democracy Against Dictatorship ist eine politische Gruppe in Thailand, die nach dem Militärputsch am 19. September 2006 in Bangkok gegründet wurde. Im Volksmund und in der Presse wird sie auch „Rothemden“ genannt.“

Nun sind wir also etwas schlauer und können zur, zumindest für Trekkies, einzig richtigen Definition kommen: „Als Redshirts (englisch, zu deutsch etwa Rothemden) werden, in Anlehnung an die US-amerikanische Science-Fiction-Serie „Star Trek“, Figuren bezeichnet, die kurz nach ihrem Auftritt sterben.“ Sprich, noch vor der ersten Werbepause …

Meistens gehören die Redshirts zur Sicherheitsmannschaft, seltener zur Technikabteilung. Wie bemerkte ein Kumpel von mir einmal: Die Hemden sind bestimmt deshalb rot, damit man das ganze Blut darauf nicht sieht.

Wussten Sie übrigens, dass es ein Eau de Toilette für Männer namens „Red Shirt − Because tomorrow may never come“ gibt?

Selbstverständlich haben die Redshirts auch eine − zugegebenermaßen relativ kurze − Existenzberechtigung, die produktionstechnisch begründet ist. Das Konzept der meisten „Star Trek“-Folgen war, dass die Hauptfiguren, zu 99 Prozent also Kirk, Spock und McCoy − zum Teil unter Spocks begründetem Protest, dass der Captain eines Raumschiffes gefälligst seinen Hintern im sicheren Kommandosessel zu lassen habe −, den Landetrupp bildeten und in Begleitung eines oder mehrerer Sicherheitsoffiziere einen fremden Planeten erforschten. Da man natürlich keinen der drei Hauptcharaktere sterben lassen konnte − im Übrigen fand ich persönlich es sowieso sinnfrei, ausgerechnet DREI Führungsoffiziere in unbekanntes Gebiet zu beamen − ließ man aus Dramaturgiegründen einfach ein anderes Mitglied des Außenteams sterben. Dies gab dann auch gleichzeitig McCoy die Gelegenheit, sein berühmtes „He’s dead, Jim“ zu sagen.

Aufgrund der geringen Lebenserwartung schenkten es sich die meisten Regisseure und Drehbuchschreiber, den Redshirts Namen zu geben und in den seltensten Fällen durften die Todgeweihten etwas sagen.

In der zweiten Staffel von TOS übertrafen sich die Drehbuchautoren beim Sterbenlassen der Redshirts selber. In der Folge „Die Stunde der Erkenntnis“ ließen ganze vier Männer ihr Leben. In „Ich heiße Nomad“ waren es ebenfalls vier und in „Ein Parallel-Universum“ waren es drei. Nach Adam Riese (und Brehms Tierleben…) macht das elf Tote in drei Folgen. Wie die Enterprise mit dieser schrumpfenden Zahl der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ihre Fünf-Jahres-Mission überstanden hat, ist mir ein Rätsel.

Insgesamt starben in 79 TOS-Folgen 30 Rothemden. Für Statistikfreaks seien noch folgende interessante Fakten über TOS erwähnt: 41-mal sahen wir Spocks Nackengriff, 124-mal hörten wir Spocks „Faszinierend“, 56-mal „Logisch“, 35-mal „Unlogisch“, 16-mal McCoys „Ich bin Arzt und kein …“ und 26-mal „Er ist tot, Jim“. Wer will, kann nachzählen. Die Statistik kann man übrigens hier nachlesen.

Zwar wechselte die Farbe der Uniformhemden in den folgenden „Star Trek“-Serien und ab und zu starb sogar ein Hauptcharakter (Tasha Yar, Jadzia Dax), aber an der Gefährlichkeit, zur Sicherheitsmannschaft zu gehören änderte es nichts und die „Redshirts“ wurden auch außerhalb von „Star Trek“ bekannt und mit Kanonenfutter gleichgesetzt, wie zum Beispiel in der Zeichentrickserie „Futurama“. Dort fügt Zapp Brannigan seinen Befehlen die Worte „Schickt die Rotröcke!“ („Send in the Redshirts!“) hinzu. Natürlich sind seine Truppen rot uniformiert und die Befehle sind derart absurd, dass sie unweigerlich den Tod der Soldaten zur Folge haben. Auch in der Serie „South Park“ müssen Personen mit roten Hemden ihr Leben lassen. Dort verlässt in der Folge „Griff in die Geschichte“ („City on the Edge of Forever“ − eine gleichnamige Folge gibt es in TOS) ein namenloser Junge in einem roten T-Shirt mit „Star-Trek“-Logo den Schulbus und stirbt kurz darauf. Ja, und selbst andere Science-Fiction-Serien bedienen sich „Star Trek“ und seiner Redshirts. In „Stargate − Kommando SG-1“ in der Folge „Wahre Helden“ erwidert die von John Billingsley (Dr. Phlox aus „Enterprise“) gemimte Figur auf einen Vorschlag: „Da könnten wir uns ja gleich ein rotes Shirt anziehen!“

(C) Melanie Brosowski


Zum Tod von Stephen J. Cannell

Ein Nachruf

Und wieder hat die Regisseur-Szene einen der Besten verloren. Bereits am 30. September 2010 starb der US-amerikanische Filmproduzent, Drehbuchautor, Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur Stephen J. Cannell in Pasadena, Kalifornien an Krebs.

Obwohl er Legastheniker war, schaffte er die High School und besuchte sogar die University of Oregon. 1966 verkaufte er seine Story-Ideen zur Serie „Kobra, übernehmen Sie“ („Mission: Impossible“), in der von 1969 bis 1970 auch Leonard Nimoy als Paris mitspielte. Einer seiner größten Erfolge war die Serie „Das A-Team“, die er zusammen mit Frank Lupo entwickelte. Auch bei dem gleichnamigen Kinofilm aus dem Jahr 2010 wirkte er mit. Weniger bekannt, aber von seinen Fans heiß verehrt ist auch die Serie „Stingray“ mit Nick Mancuso in der Hauptrolle.

Stephen J. Cannell war jedoch nicht nur als Produzent aktiv, sondern auch als Schauspieler. Er hatte einige Gastauftritte in Serien, wie zum Beispiel „California Clan“, „Renegade“ und „Diagnose Mord“. 2009 spielte er sich selber in der Comedy-Drama-Serie „Castle“.

Cannell hinterlässt eine Frau und drei Kinder.

„Wenn ich eine Religion habe, dann ist es die: Mein Glaube an das Gute im Menschen und das Vertrauen in diesen Glauben. Manchmal brauche ich dazu sehr viel Kraft.“ Zitat aus der Serie „Stingray“.

(C) Melanie Brosowski – erschienen in der Incoming Message Ausgabe 97 (#150) November 2010


Die Stars hinter den Stars

Die Trek-Synchronsprecher

Wissen Sie, was Angelina Jolie und Fähnrich Ahni Jetal gemeinsam haben? Nein? Sie haben beide dieselbe deutsche Synchronsprecherin, nämlich Claudia Urbschat-Mingues. Doch zu ihr später mehr.

Synchronsprecher sind zumeist Schauspieler oder freiberufliche Sprecher, die fremdsprachige Filme, Werbesports oder zum Beispiel animierte Streifen synchronisieren und seit Neuestem gelegentlich auch Hörbüchern ihre Stimme leihen. Diese Menschen sind häufig weniger bekannt als die Stars vor der Kamera, aber meist sind genau sie es, die einen Lieblingscharakter so unverwechselbar und liebenswert machen.

Doch auch „einheimische“ Produktionen werden teilweise nachsynchronisiert, nämlich dann, wenn der Originalton bei einem Dreh durch zu viele Nebengeräusche „verunreinigt“ ist oder die Originalstimmen einfach nicht „passen“. Berühmtestes Beispiel: Uschi Glas, die in „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ eine Indianerin spielte − dies jedoch mit einem bayrischen Akzent. Ihr Text wurde später von Marion Hartmann synchronisiert.

Unfreiwillig komisch werden Synchronisationen dann, wenn sich Übersetzungsfehler einschleichen. Meist sind dies die so genannten „falschen Freunde“, wie „Silikon“ statt korrekt „Silizium“ für das englische silicon. Hier ein bekannter Fehler aus „Star Trek“: „Was ist das für ein Mist, den ich da sehe?“ Diese Frage stellt Dr. Crusher dem Computer, als sie in der Folge „Das Experiment“ eine Art Nebel auf dem Bildschirm sieht. Im Original fragt sie „What’s that mist I’m seeing there?“, also wörtlich „Was ist dieser Nebel, den ich dort sehe?“.

In den Anfängen der Fernsehgeschichte war eine nachträgliche Synchronisation von fremdsprachlichen Streifen aus technischen Gründen noch nicht möglich. Man behalf sich damit, Abschnitte oder sogar den ganzen Film zusätzlich in der jeweiligen Sprache des Ausstrahlungslandes ein weiteres Mal zu drehen. Manchmal wurden Filme bereits während der Produktion mit verschiedenen Darstellern gedreht, die die Szenen in einem Setting nacheinander spielten (beispielsweise „F.P.1 antwortet nicht“).

Doch zurück zu Claudia Urbschat-Mingues. In „Star Trek“ sprach sie unter anderem Rain Robinson (gespielt von Sarah Silverman bei „Voyager“ in „Vor dem Ende der Zukunft“), Lillias (gespielt von Lisa Kaminir in „Die Asteroiden“) und Kellin (gespielt von Virgina Madsen in „Unvergessen“). Außerdem ist sie die deutsche „Standardstimme“ von Angelina Jolie. 2003 durfte sie, wenn auch nur wenig, ihre Stimmbänder für Kristanna Loken als T-X in „Terminator 3 − Rebellion der Maschinen“ in Schwingung bringen.

Netterweise stand dem TZN Claudia Urbschat-Mingues für ein paar Fragen zur Verfügung.

TZN: Wie sind Sie zur Synchronsprecherei gekommen?

Claudia Urbschat-Mingues: Als Kind hatte ich diese kaputte Stimme, so dass mir niemand Gesangsunterricht geben wollte und ich auch nicht an der Schauspielschule angenommen wurde. Ein Freund brachte mich zu einer Logopädin. Das wiederum ermöglichte mir die Schauspielausbildung, ich spielte Theater und begann nebenbei Synchron zu sprechen. Irgendwann habe ich mich dann entschieden, hauptsächlich mein Geld mit Sprechen zu verdienen.

TZN: Welche Ausbildung oder Voraussetzung benötigt man im Allgemeinen dafür?

Urbschat-Mingues: Schauspielunterricht ist sinnvoll und natürlich eine gewisse Sprechtechnik mit Hochdeutsch gepaart.

TZN: Wie kann man sich den „Tag“ einer Synchronsprecherin vorstellen?

Urbschat-Mingues: Um sechs Uhr aufstehen, dann erst mal Stimmübungen am offenen Fenster, mit Salbeitee gurgeln… Nein, das stimmt nicht. In der Regel beginnt die Studiozeit um neun Uhr und es gibt Zeiten, in denen man bis null Uhr in verschiedenen Synchron-Ateliers verbringt. Die Termine der verschiedenen Projekte werden meist sehr kurzfristig (oft erst ein Tag vorher) geplant und mir durchgegeben, was einen geregelten Tagesablauf nahezu unmöglich macht. Trotzdem gibt es aber auch Zeiten, in denen man weniger arbeitet, und dann kann es auch sein, dass ein paar Tage gar nichts passiert.

TZN: Haben Sie ein „Mitspracherecht“ bei der Interpretation beziehungsweise Betonung des Textes?

Urbschat-Mingues: Das nehme ich mir immer raus − obwohl manche Synchronregisseure das nicht so gern haben, wenn man sich in ihre Regie einmischt. Schlussendlich ist Synchron aber immer Teamarbeit und da dürfen auch die Schauspieler, Cutter und Tonmeister mitreden, wenn ihnen etwas auffällt.

TZN: Gibt es einen Unterschied, ob Sie einem „Star Trek“-Charakter oder einem anderen Charakter Ihre Stimme leihen?

Urbschat-Mingues: Für mich machen die zu synchronisierenden Schauspielerinnen einen enormen Unterschied, selten ist da der Film oder die Serie, in der sie auftreten, ausschlaggebend.

TZN: Werden Sie oft auf Ihre Stimme angesprochen?

Urbschat-Mingues: Nicht so oft, ich spreche im normalen Leben ja auch selten solche Dinge wie im Kino. Ich könnte es allerdings mal beim Bäcker versuchen, so à la: „Lassen Sie die Waffel fallen!“

TZN: Wen würden Sie gerne einmal synchronisieren?

Urbschat-Mingues:Jetzt ehrlich oder aus Spaß? Cate Blanchet hätte ich gern mal synchronisiert. Ansonsten habe ich gerne das Nilpferd Gloria in dem Animationsfilm „Madagascar“ gesprochen, diverse lustige Mangas stimmlich beseelt, viele, viele sehr gute Schaupielerinnen in Serien, Spiel- und Kinofilmen meine Stimme geliehen und habe nur den Wunsch, dass es weiterhin schön und spannend bleibt.

(C) Melanie Brosowski – erschienen in der Incoming Message Ausgabe 97 (#150) November 2010


Jahrelang habe ich als Fan gewartet – habe die Wochen, Tage, Stunden bis zum neuen Film gezählt. Und war umso enttäuschter, als der Abspann lief.

Von 1993 bis 2002 hielten Fox Mulder und Dana Scully in 202 Episoden mich in Atem. Einmal in der Woche lösten die beiden FBI-Agenten spannende und mysteriöse Fälle. Sie kamen Verschwörungen auf die Spur, stießen auf geheime Experimente und kämpften gegen Außerirdische. Mit jeder Folge bangte ich mit, ob Mulders Suche nach seiner verschwundenen Schwester endlich von Erfolg gekrönt sein würde. Bereits 1998 schafften es David Duchovny und Gillian Anderson es auf die Kinoleinwand. 2008 folgte ihr Comeback – ein enttäuschendes, meiner Meinung nach.

Inhalt:
Eine FBI-Agentin verschwindet. Der Hellseher Crissman will helfen, doch die Agentin Dakota Whitney traut ihm nicht über den Weg. Über Scully, die mittlerweile in einem Krankenhaus als Ärztin arbeitet, versucht sie an Fox Mulder ranzukommen, der untergetaucht ist und sich einen Vollbart hat wachsen lassen. Als das FBI ihm anbietet, alle Vorwürfe gegen ihn fallen zu lassen, willigt er ein zu helfen. Dann verschwindet eine weitere Frau …Auch sie soll Opfer eines bizarren medizinischen Experimentes werden.

Kritik:
Viel zu deutlich merkt man, dass „Jenseits der Wahrheit“ nicht für Fans produziert wurde. Anspielungen sind da, aber der Handlungsstrang der Serie wird nicht weitergeführt. Die Storyline kratzt lediglich an der Oberfläche von dem, was Akte X eigentlich ausmachte. Die Außerirdischen bleiben fern, die Spannung und Charaktertiefe ebenfalls. Die neue Synchronstimme von David Duchovny schafft mehr Distanz als Nähe. Scully macht den Eindruck eines Nervenbündels, das jederzeit kurz davorsteht, zu heulen. Sie will ihre Zeit beim FBI am besten vergessen und sich ein neues Leben aufbauen während Mulder noch immer nach der Wahrheit sucht. Lediglich die Atmosphäre des Films ist überzeugend, auch ohne Verschwörungstheorien. Großartige Special Effects oder Masken sucht man vergeblich. Auch das leichte Schauern, das einem bei mancher Folge überlief, fehlt.

Fazit:
Die Zeit von Mulder und Scully ist endgültig vorbei. Sparen Sie sich das Geld und investieren Sie es lieber in das Original.

(C) Melanie Brosowski – erschienen in der Incoming Message Ausgabe 69 (#122)


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Garak live und in Hamburg

Am 14. Juni 2008 lud FKM-Events zu „An Evening with Andrew Robinson“ nach Hamburg-Reinbek ein. Das TrekZone-Network-Team, vertreten durch Marvin Luchs, Henning Koonert, Tom Gerlich und mich, traf sich am Hamburger Hauptbahnhof und fuhr von dort mit der S-Bahn nach Reinbek.

Mit zirka 20 Minuten Fahrzeit war die Anreise mehr als optimal. Das Sachsenwald-Hotel Reinbek/Hamburg war nach wenigen Gehminuten schnell erreicht und die Entscheidung für ein Hotel etwas außerhalb und dafür niedrigere Eintrittspreise war meines Erachtens nach vollkommen richtig.

Kaum hatten wir die Lobby betreten, ging es auch schon los. In einer gemütlichen Sitzecke stellte sich der sehr leger gekleidete Schauspieler nach einer Begrüßung mit Handschlag unseren Fragen. Für Robinson war es sein zweiter Besuch in Hamburg und in der Zwischenzeit sei viel geschehen, wie er uns erzählte. Dann streifte er lässig sein Jackett ab und rührte in seinem Kaffee, während er uns von seiner derzeitigen Tätigkeit als Schauspiellehrer an der Universität von Kalifornien berichtete. Wir waren mehr als erstaunt, als wir erfuhren, dass er vor seinem Engagement bei DS9 nicht wusste, um was es in „Star Trek“ geht. Die Atmosphäre des Interviews war sehr angenehm und Robinson beantwortete unsere Fragen sehr ausführlich und mit einer Herzlichkeit, die mich überraschte. Auch hatte er sich unsere Namen gemerkt und suchte beim Sprechen Augenkontakt.

Nach 45 Minuten, die viel zu schnell vergingen, gab es netterweise noch ein Foto mit uns und dann ging es auch schon in den Raum, wo das anschließende Panel stattfinden sollte. An der Kasse bezahlten wir noch 15 Euro für das Büffett und hatten dann freie Platzauswahl im Saal. Dass nur etwa 40 der zirka 50 Stühle besetzt waren, schiebe ich jetzt mal auf die Parallelveranstaltung Nordcon. Aber dieser kleine Rahmen gab dem Ganzen etwas sehr Familiäres und die anderthalb Stunden Panel vergingen wie im Flug.

Unter anderem berichtete Robinson den anwesenden Gästen von zwei Schauspieler-Kollegen, die zu seinen Idolen zählen: Clint Eastwood und Walter Matthau. Seinen ersten Filmauftritt hatte Robinson in „Dirty Harry“ mit Clint Eastwood. Mit ihm zu drehen sei gewesen, als würde man mit Gott drehen, so Robinson. Walter Matthau hingegen sei einer der unwahrscheinlichsten Menschen, die es zum Filmstar gebracht haben. Lange fragte sich Robinson, was diesen Mann zum Film getrieben hätte – bis er Walter Matthau einmal selber danach fragte. Die Antwort: Sein Buchmacher aus New York habe angerufen. Aufgrund seines riesigen Haufens an Wettschulden könne Matthau sich aussuchen, ob er lieber die Arme oder die Beine verlieren würde. Matthau habe sich dann entschlossen, lieber gar nichts zu verlieren und jeden nur erdenklichen Job angenommen, um die Schuld begleichen zu können. Darunter eben auch den als Schauspieler…

Für viele vielleicht überraschend war, dass Robinson auch Mitglied der Oscar-Jury ist. Besonders beeindruckt habe ihn da zuletzt der deutsche Film „Das Leben der Anderen“. Robinson hat seine Oscar-Stimme sowohl für den Film selbst als auch für Ulrich Mühe als bester Darsteller vergeben. Keinen Film hingegen wird es laut Robinson von „Deep Space Nine“ geben. Die Serie sei dafür zu kompliziert und wohl auch nicht Rick Bermans Liebling gewesen.

Nach dem Panel bat Robinson zur individuellen Fotosession, die im Eintrittspreis inbegriffen war. Wer wollte, konnte sich auch noch, das allerdings gegen Bezahlung, ein Autogramm holen. Um 21 Uhr wurde dann das Büffet eröffnet. Die Auswahl war zwar begrenzt, dafür umso leckerer: Sandwiches, Garnelen im Knuspermantel, Wraps, Mini-Pizzetten, Frikadellen, Mini-Donuts und Obstsalat. Während des Essens hatten wir Gelegenheit, mit dem Veranstalter zu sprechen. Zwar war die Anzahl der Gäste geringer als erwartet, aber es besteht dennoch Hoffnung, dass solch ein Event in Hamburg wiederholt wird. Das wäre wünschenswert.

(C) Melanie Brosowski – erschienen in der Incoming Message Ausgabe 69 (#122)


Der Western ist tot – Es lebe der Western!

Filmkritik: Todeszug nach Yuma

Todeszug nach Yuma, Originaltitel „3:10 To Yuma“ ist ein Remake des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1957 mit Glenn Ford und Van Heflin. Regie führte 2007 James Mangold, das Drehbuch schrieben Halsted Welles, Michael Brandt und Derek Haas. Beide Filme beruhen auf der 1953 veröffentlichten Kurzgeschichte Three-Ten to Yuma von Elmore Leonard.

Inhalt:
Im Krieg verlor Dan Evans (Christian Bale) ein Bein. Dementsprechend schwer fällt es ihm, mit den Erträgen seiner Farm seine Frau und seine zwei Söhne satt zu bekommen, von denen der ältere ihn für einen totalen Versager hält. Die Schulden wachsen ihm mit der Zeit über den Kopf und als Geldeintreiber seine Scheune abbrennen, scheint alles verloren. Dann werden Dan und seine Söhne Zeugen eines Postkutschenüberfalls des Banditen Ben Wade (Russell Crowe). Mit mehr Glück als Verstand kommen sie davon und retten auch noch dem verwundeten Kopfgeldjäger Byron McElroy (Peter Fonda) das Leben. Als dieser wieder auf den Beinen ist gelingt es ihm Ben Wade festzunehmen. Gegen 200 Dollar Bezahlung, Geld, das er dringend bracht, erklärt sich Evans bereit zusammen mit anderen den Gefangenen nach Contention zu bringen, wo er den Zug um 03:10 Uhr nach Yuma nehmen soll. Doch nicht nur die Indianer, durch deren Gebiet sie reiten, machen der kleinen Gruppe das Leben zur Hölle. Wade gelingt es, einen Bewacher nach dem anderen umzubringen – und auch Cahrlie Price (Ben Foster) ist ihnen mit der Gang auf den Fersen, um seinen Boss zu befreien. Trotz allem entsteht zwischen dem Farmer und dem Gesetzlosen so etwas wie Sympathie. Als die Gruppe dann, dezimiert bis auf Evans, seinem Sohn Will, einem weiteren Mann und Wade, in Contention ankommt, dauert es nicht mehr lange bis zum blutigen Showdown.

Kritik:
Es wäre zuviel, wenn man sagen würde, dass hier der Western neu erfunden wurde. „Todeszug nach Yuma“ ist jedoch mehr als ein Aufguss eines Klassikers. Es ist mehr als eine Geschichte über Stolz und Ehre, über Gut und Böse – und die vielen Graustufen dazwischen. Dieser Western bietet nicht nur tollte Schauspieler, sondern auch eine unheimliche Charaktertiefe. Action und Landschaftsaufnahmen runden das Bild ab. Das Ende ist überraschend – blutig, aber doch nachvollziehbar. Ein Western, der wirklich sehenswert ist, und wieder einmal bewusst macht, dass man auch heute noch gute Western machen kann – wenn man will!

01/2008 Melanie Brosowski


„Ein voller Bücherschrank sieht ‚gebildeter‘ aus als ein voller MP3-Player …“

Carola Kickers über den Vampirhype, ihre „Jason“-Reihe und mehr.

Wieder einmal hatte das TZN Gelegenheit, eine Autorin zu interviewen. Diesmal: Carola Kickers.

TrekZone Network: Wer ist Carola Kickers?

Carola Kickers: Die Frage müsste eher lauten „Was?“: kreativ-chaotisch, spontan, voller Ideen und ein Workaholic. Väterlicherseits künstlerisch vorbelastet, was Musik und Schriftstellerei angeht. Ansonsten ein ganz normaler Mensch mit Ecken und Kanten, Höhen und Tiefen.

TZN: Warum schreibst du auch unter einem Pseudonym?

Kickers: Ja, seit 2010 schreibe ich unter „Carol Grayson“, vor allem in der Phantastik. Kurzgeschichten und andere Genres werden aber weiterhin unter meinem Geburtsnamen veröffentlicht, so kann ich bei aller Vielseitigkeit auch eine gewisse Trennung vornehmen.

TZN: Du schreibst Mystery und Dark Fantasy, aber auch Kindergeschichten und Krimis. Woher kommt das?

Kickers: Ich denke, das kommt auf den „Geistesblitz“ an, ebenso wie auf die Stimmungslage. Ich entwickle Ideen meist spontan, zunächst anhand von Notizen, die ich später nach und nach aufgreife und ausbaue. Da finden sich Kindergeschichten ebenso darunter wie „romantische“ Alträume.

Sobald ich Muße habe, gehe ich die Ideen durch, und etwas, das vielleicht schon wochen- oder monatelang schlummerte, wird zum Leben erweckt. Es ist auch schon vorgekommen, dass aus einer ganz harmlosen Erzählung plötzlich ein Krimi wurde. Vieles formt sich erst beim Schreiben. Mit kompletten Plots arbeite ich selten. Sie dienen nur als Grundgerüst. Meistens kommt es aber anders, als man denkt.

TZN: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Kickers: Geschrieben habe ich immer schon gerne − bereits in der Schule waren mir Aufsätze die liebsten Hausaufgaben. Es folgten Gedichte, Kurzgeschichten, dann 1996 das erste Kinderbuch. Zwischendurch hatten die Musikbranche und der eigene Verlag mich sehr vereinnahmt. Aber auch da kam ich zum Schreiben, seien es Songtexte oder Künstlerbiografien.

TZN: Magst du unseren Lesern etwas über dein neuestes Projekt erzählen?

Kickers: Zu meinen neuen Projekten gehört unter anderem eine Novellentrilogie auf historischer Grundlage, die auch im Noel Verlag erscheint. Der erste Band ist bereits im September angekündigt. Dann möchte ich gerne die Zusammenarbeit mit GlobalTalk ausbauen, vor allem in Hinblick auf das Magazin, und natürlich weiterhin junge Talente fördern. 2011 steht dann der fünfte und sechste „Jason“-Band an, der wiederum einen Sammelband ergeben wird − „LUX AETERNA III“.

TZN: Der Dialog/Kontakt mit den Lesern über GT oder auf Lesungen − wie wichtig ist der für einen Autor?

Kickers: Ich freue mich immer sehr, meinen Lesern persönlich Fragen beantworten zu dürfen und ein gewisses Feedback zu erhalten. So etwas kann sogar inspirierend für neue Geschichten sein! GT bietet dafür eine hervorragende Plattform und ich bin froh, dass ich dort sogar eine eigene Kolumne erhalten habe.

TZN: „Jason Dawn“ ist mehr als eine Reihe − es gibt dazu ein Parfüm, einen Song. Wie erklärst du dir den Erfolg deiner Reihe und insbesondere des Genres „Vampire“?

Kickers: In den Vampir-Hype an sich bin ich eher durch Zufall hineingerutscht. Alles begann 2007 mit einer Kurzgeschichte: ein Mysterykrimi, in dem zunächst ein ganz „normaler“ Vampir auftauchte. Da ich gerne die Enden meiner Geschichten offen lasse, führte dies zu einer Fortsetzung, ein drittes Kapitel folgte, in dem plötzlich Jason „auftauchte“. Mit der Zeit entwickelte sich dann eine ganze Welt mit unterschiedlichen Vampirrassen, Fähigkeiten und natürlich auch Marketingmöglichkeiten.

Warum die Menschen derzeit gerade den Vampiren verfallen sind, vermag ich nicht zu sagen. Aber ich denke, dass in wirtschaftlich schlechten Zeiten alles Mystische eine besondere Anziehungskraft besitzt. Dann flieht man gerne zur Entspannung in andere Welten. Der Trend wird sich bestimmt in den nächsten Jahren wieder wandeln, wobei Vampire natürlich immer ein fester Bestandteil der Mystik bleiben und auch immer ihre Fans behalten werden.

TZN: Du hast lange Zeit für ein Musiklabel gearbeitet, dich dann aber der Literatur zugewandt. Weshalb?

Kickers: Zu einer Zeit, in der die Musikbranche in der Krise war, galt es, neue kreative Möglichkeiten zu ergreifen. Ich besann mich auf meine ursprüngliche Freude am Schreiben und verfeinerte diese nach und nach. Zunächst plante und schrieb ich allerdings eher für Hörbuchproduktionen, das war ein naheliegender „Sprung“, erst mit der Zeit entwickelten sich die Buchprojekte daraus.

TZN: Hörbücher, E-Books… Wie, deiner Meinung nach, haben diese neuen Medien das Leseverhalten beeinflusst?

Kickers: Die junge Generation wird vielleicht eher durch die Medien selbst auf schnellen Konsum geprägt. Stichwort „Entertainment“. Außerdem möchte man ja schließlich mitreden können. Ich persönlich sehe Hörbücher und E-Books als eine zusätzliche Verwertungsmöglichkeit an, die dem Autor auch bei seiner Vermarktung hilft, es findet ja stets eine Duplizierung statt.

TZN: Glaubst du, dass das normale Buch noch eine Zukunft hat?

Kickers: Mit Sicherheit. Ein voller Bücherschrank sieht doch immer noch „gebildeter“ aus als ein voller MP3-Player − aber Spaß beiseite. Das normale Buch wird niemals sterben. Es ist etwas, das man aus der Kultur der Menschheitsgeschichte auch gar nicht mehr wegdenken kann. Außerdem hat man schneller ein paar Seiten umgeblättert als den PC hochgefahren, um eine Stelle in einem E-Book zu suchen. Ich sehe Bücher als Bereicherung an, nicht nur in puncto Wissensschatz.

TZN: An welchem Projekt arbeitest du gerade?

Kickers: Gerade stelle ich den zweiten Band der Trilogie „Im Bann der Lilie“ fertig, danach geht es mit Band 6 der Jason-Reihe weiter. Außerdem steht eine Überarbeitung meiner Homepage an.

TZN: Einige abschließende Worte?

Kickers: Am 10.10. sind wir live auf der Frankfurter Buchmesse am Stand der Chichili Agency, Halle 4.0, Stand A1313. Ich würde mich sehr über euren Besuch freuen. Ansonsten ist eine Lesung am 18.11. in Düsseldorf im Szeneladen UNLICHT geplant und am 7.12. im Café Konkurs in Krefeld-Linn.

TZN: Vielen Dank für das Interview!

Kickers: Ich danke euch und allen Lesern ebenfalls.


„Pakt der Wölfe“ meets „Der Name der Rose“

Bastian Zach & Matthias Bauer über ihr Buch „Morbus Dei: Die Ankunft“

Diesmal bei uns im Interview: das Autoren-Duo Bastian Zach und Matthias Bauer.

TrekZone Network: Mögen Sie beide sich unseren Lesern einmal kurz vorstellen?

Bastian Zach: Mein Name ist Bastian Zach, ich bin 1973 in Leoben geboren. Ich bin Grafik-Designer, seit 2007 Schnitt- und Synchronregisseur.

Matthias Bauer: Mein Name ist Matthias Bauer, ich bin 1973 in Lienz geboren. Nach meinem Studium der Geschichte/Volkskunde und diversen Tätigkeiten im Verlags- und Ausstellungsbereich bin ich seit 2007 in der Erwachsenenbildung tätig.

TZN: Worum geht es in „Morbus Dei: Die Ankunft“, Ihrem Debütroman?

Zach: „Morbus Dei: Die Ankunft“ spielt in einem abgelegenen tiroler Gebirgstal vor 300 Jahren. Der Deserteur Johann List wird von einem Schneesturm überrascht, es verschlägt ihn in ein einsames Dorf. Es ist ihm schnell klar, dass mit dem Dorf, das von Furcht und Aberglaube beherrscht wird, etwas nicht stimmt, dass ein düsterer Schatten über den Bewohnern liegt: Tiere werden getötet, Menschen verschwinden, vermummte Gestalten lauern in den finsteren Wäldern.

Johann verliebt sich in die Tochter eines Bauern, er beschließt, mit ihr das Dorf zu verlassen. Doch noch bevor sie verschwinden können, eskaliert die Situation und ein Kampf auf Leben und Tod beginnt …

Bauer: Genremäßig kann man „Morbus Dei: Die Ankunft“ als historischen Thriller einordnen, der zudem phantastische Elemente enthält. Man könnte das Buch auch als „Pakt der Wölfe“ meets „Der Name der Rose“ bezeichnen.

TZN: Der Roman spielt in Tirol. Die meisten Autoren verlegen ihre Geschichten in die USA. Warum Sie nicht? Haben Sie einen besonderen Bezug zu Tirol?

Zach: Die Geschichte hat, gerade wenn man die Ausgangssituation betrachtet, einiges von einem klassischen Western: Ein Fremder kommt in ein Dorf und wird mit einer Gefahr beziehungsweise einem Geheimnis konfrontiert. Aber nicht nur die Amerikaner haben die Landschaft für eine solche Geschichte − uns erschien es im Gegenteil reizvoll, mit einem düsteren, isolierten Alpental die Story in einer Gegend anzusiedeln, die bisher noch nicht so oft genutzt wurde, aber ebenso visuell beeindruckende Schauwerte bietet.

Bauer: Und diese Schauwerte sind nicht nur für eine europäische Leserschaft interessant, sondern auch für ein internationales Publikum. Abgesehen davon war die Geschichte von der ersten Idee an in Tirol angesiedelt. Wir brauchten einen isolierten, visuell und atmosphärisch ansprechenden Hintergrund, über den wir vergleichsweise gut recherchieren und in den wir uns sehr gut einfühlen konnten. Für uns als Österreicher − und mich als Tiroler − war Tirol deshalb ein logischer Schritt.

TZN: Sie haben bereits gemeinsam die preisgekrönten Kurzfilme „ausWEG“ (2001) und „[infinite]“ (2003) sowie den Spielfilm „3 Zimmer. Küche. Tod.“ (2006) produziert. Wie kam es zu der Idee eines gemeinsamen Buches?

Bauer: Die Idee zu „Morbus Dei“ haben wir während der Produktion von „[infinite]“ entwickelt. Unser Ziel war damals, nach „ausWEG“ und „[infinite]“ Spielfilme zu schreiben und zu drehen. Der historische Mystery-Thriller „Morbus Sanguinis“ (Arbeitstitel) sollte der erste Kinofilm werden. Wir haben den Storyentwurf von „Morbus Sanguinis“ mehrmals überarbeitet, bis ein Treatment − der neue Titel war „Morbus Dei“ − erstellt war, mit dem wir Produktionsfirmen das Filmprojekt vorstellten. Die österreichische Wega Film signalisierte Interesse, ebenso die Tiroler Filmförderung Cine Tirol, da das Projekt in einem Tiroler Bergdorf spielte. Letztendlich wurde das Projekt, nachdem wir ein Drehbuch geschrieben hatten, aber leider abgelehnt, „Morbus Dei“ schien gescheitert. Vorerst…

Zach: Nach der Ablehnung haben wir an anderen Projekten gearbeitet, aber die Idee zu „Morbus Dei“ war einfach zu verheißungsvoll, um in der Schublade vergessen zu werden. 2008 sprachen wir verschiedene Verlage an, ob Interesse bestünde, „Morbus Dei“ als Roman zu veröffentlichen. Das Interesse war eindeutig, in der Folge haben wir das Drehbuch von „Morbus Dei“ zu einem Roman umgearbeitet. Der renommierte österreichische Haymon-Verlag sagte schließlich zu, das Buch als Taschenbuch zu veröffentlichen − und so kam, acht Jahre nach der ersten Idee, „Morbus Dei: Die Ankunft“ im August 2010 in die Buchläden.

TZN: Wie muss man sich als Laie das Schreiben eines Buches vorstellen, wenn zwei Autoren daran beteiligt sind?

Bauer: Gar nicht so kompliziert. Wir erarbeiten zunächst eine grundsätzliche Story, dann teilen wir uns das Buch auf. Jeder schreibt seine Abschnitte, dann schicken wir uns die Teile gegen, überarbeiten und kommentieren das, schicken das wieder dem anderen, der schaut sich das wieder an, und so geht das dahin, so lange, bis die Geschichte zu Ende und wir beide zufrieden sind.

Zach: Zum Schluss gehen wir noch einmal über das gesamte Manuskript und gleichen eventuelle Stilunterschiede ab, und dann ist das Buch fertig − zumindest für den nächsten, sehr wichtigen Schritt: das Verlagslektorat. Dieses Lektorat bietet den wichtigen Blick von außen, denn als Autor ist man ab einem gewissen Zeitpunkt so tief in der Geschichte drin, dass man keine etwaigen Schwächen mehr sieht. Ein gutes, strenges Lektorat ist von unschätzbarem Wert.

TZN: Gab es Momente, in denen die Zusammenarbeit schwierig war? Mussten Sie beide viele Kompromisse eingehen?

Zach: Eigentlich nicht. Wir arbeiten schon sehr lange zusammen und haben mittlerweile eine sehr unkomplizierte Zusammenarbeit entwickelt. Man sagt offen, aber immer gut begründet, was einem an der − inhaltlichen/stilistischen − Schreibe des anderen zusagt oder eben nicht, das wird diskutiert, am Ende zählt das bessere Argument.
Bauer: Künstlerallüren nach der Marke „Ich hab das geschrieben, da wird kein Buchstabe verändert“ gibt es bei uns nicht, wir wollen beide das bestmögliche Ergebnis. Das Positive an dieser Zusammenarbeit ist auch, dass jeder von uns sofort ein ehrliches, sehr nützliches Feedback bekommt, quasi ein Vorlektorat.

TZN: Haben Sie literarische Vorbilder?

Zach: Vorbilder nicht, aber wir können zumindest einige unsere Lieblingsautoren aufzählen: Cormac McCarthys „The Road“ hat mich sehr bewegt, auch „Der Rumpf“ von Akif Pirinçci lese ich immer wieder gerne, ansonsten Clive Barker, H.P. Lovecraft und was mir sonst noch zwischen die Hände kommt.

Bauer: J.D. Salingers „The Catcher in the Rye“ ist einer meiner all time favourites, und dann geht es bunt gemischt weiter, von Poe über Kafka zu H.P. Lovecraft, von Charles Bukowski über Bret Easton Ellis zu Stephen King.

TZN: Warum ein lateinischer und kein deutscher Titel? Und was bedeutet er?

Zach: Abgesehen davon, dass es, so hoffen wir zumindest, schön mysteriös und interessant klingt, bezeichnet der Titel ganz einfach, was das Herz der Geschichte ist. Mehr sei an dieser Stelle aber nicht verraten.

Bauer: Die Übersetzung von „Morbus Dei“ ist „Die Krankheit Gottes“. Der Zusatztitel „Die Ankunft“ passt, weil er bereits darauf hindeutet, dass das Buch nur der erste Teil ist. „Morbus Dei“ soll eine Trilogie werden.

TZN: War es leicht, einen Verlag zu finden?

Bauer: Wir haben den Storyverlauf und eine Leseprobe an einige Verlage geschickt, ein größerer deutscher Verlag, dem die Geschichte gefiel, sagte sofort zu, das fertige Manuskript zu veröffentlichen. Nach einem Jahr, als das Manuskript fertig war, hat sich dieser Verlag nach einem Personalwechsel aber auf einmal gegen eine Veröffentlichung entschieden − Meinungsänderungen dieser Art passieren in der Branche ja nicht selten.

Zach: Wir haben das Manuskript dann anderen Verlagen angeboten, schließlich hat der Haymon-Verlag zugegriffen. Rückblickend hätte uns nichts Besseres passieren können. Haymon ist zwar ein kleinerer Verlag, achtet dafür aber umso mehr auf die Qualität seiner Veröffentlichungen und die Betreuung seiner Autoren. Man merkt einfach an allem, dass man nicht nur eine Veröffentlichung unter vielen ist, sondern dass dem Verlag etwas an dem selbst Buch liegt.

TZN: Wie waren die Reaktionen Ihres Umfeldes auf das Buchprojekt? Gab es jemanden, welcher der Meinung war, Sie sollten besser bei Kurzfilmen bleiben?

Zach: Nein, im Gegenteil: Es gab nur Ermutigungen, alle haben die Daumen gedrückt, dass es mit dem Buch was wird.

Bauer: Viele kannten die Story von „Morbus Dei“ ja schon, als es als Filmprojekt geplant war, und die haben sich gefreut, dass die Geschichte jetzt endlich das Licht der Welt erblickt.

TZN: Hätten Sie Lust, Ihr eigenes Buch zu verfilmen?

Zach: Lust immer − aber um „Morbus Dei“ gerecht zu werden, braucht man ein hohes Budget. Ein Historienfilm, der im Winter spielt, ist sehr teuer, ohne entsprechende Produktionsbedingungen macht es keinen Sinn. Das würde wohl eine internationale Koproduktion werden müssen, und so etwas dauert.

Bauer: Genau. Wenn die richtigen Bedingungen da sind… Wir stehen bereit. Aber im Moment passt uns das Schreiben sehr gut. Wir schreiben auch Drehbücher, eines davon − der schweizerisch-österreichische Horrorthriller „One Way Trip 3D“ − wird gerade verfilmt.
TZN: Das Cover ist ziemlich düster. Wer von Ihnen zeichnet sich dafür verantwortlich und warum ausgerechnet solch ein düsteres, ja fast möchte ich sagen gruseliges Bild?

Zach: „Morbus Dei“ ist ein sehr visuelles Buch, da lag die Idee nahe, dass das Cover den Charakter eines Filmplakates haben sollte. Wir haben uns beraten, und da ich gelernter Grafiker bin, habe ich dann mehrere Entwürfe entwickelt. Für einen hat sich der Verlag entschieden und diesen dann ausgearbeitet.

Bauer: Das düstere Cover entspricht der Geschichte. Spielberg hat mal auf den Vorwurf, dass „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ zu düster sei, geantwortet, dass der Film ja auch „Tempel des Todes“ und nicht „Tempel der Rosen“ heißt. Aber wir hoffen natürlich, dass unser Cover nicht nur düster, sondern eben auch ein Hingucker ist und Interessenten in der Buchhandlung und im Internet anspricht.

TZN: In Zeiten von E-Books und Co., was glauben Sie, wie die Zukunft des Buches aussehen wird?

Zach: Schwer zu sagen. Das Buch wurde schon sehr oft abgeschrieben, ist aber immer noch da. Ich denke, es wird immer neue Formen wie E-Books und so weiter geben, aber eben auch das Buch in seiner jetzigen − und für mich immer noch − einzig wahren Form.

Bauer: Ich bin der gleichen Meinung. Es geht einfach nichts darüber, ein Buch in Händen zu halten und gemütlich zu lesen, das ist kein Vergleich mit dem Bildschirm. Aber ich schließe nichts aus.

TZN: Einige abschließende Worte?

Zach: Wir sind sehr glücklich mit den Reaktionen der Leser auf „Morbus Dei: Die Ankunft“, gerade bei Amazon sind die Leser regelrecht euphorisch. Nach der offiziellen „Morbus Dei“- Buchpräsentation Ende Oktober wird es im März 2011 in Innsbruck zwei Lesungen geben, auf Facebook − Morbus Dei gibt es jeweils die aktuellen Infos.

Bauer: Im Moment arbeiten wir an mehreren Projekten, darunter an der Fortsetzung zu „Morbus Dei“. Der Titel ist „Morbus Dei: Inferno“ und wird im Frühjahr 2012 bei Haymon erscheinen. Wir können versprechen, dass „Morbus Dei: Inferno“ bigger, better and louder wird und würden uns freuen, wenn die Leser weiter den Weg mit uns und unseren Figuren gehen…

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 Incoming Message Ausgabe 98 (#151) Dezember 2010


„Der Himmel ist eigentlich eine Diktatur“

Andreas Izquierdo über sein neustes Werk „Apocalypsia“

In unserer September-Ausgabe stellten wir Ihnen das Buch „Apocalypsia“ vor. Heute haben wir die Ehre und Freude, Ihnen ein Interview mit dem Autor dieses Werkes präsentieren zu dürfen.

TZN: Wer ist Andreas Izquierdo?

Andreas Izquierdo: Ich bin hauptberuflich Drehbuchautor und schreibe Belletristik, wäre aber lieber hauptberuflich Belletristik-Autor und würde nebenher noch Drehbücher machen.

TZN: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Izquierdo: Eher zufällig. Ich dachte, ich würde Journalist, aber richtig gefallen hat mir das nicht. Eines Tages sagte mein Nachbar zu mir: Du kommst doch aus der Eifel. Schreib doch mal was über ’ne tote Sau! Und ich dachte: Gute Idee. So entstand mein erster Krimi: „Der Saumord“.

TZN: Sie leben als freier Autor in Köln. Warum ausgerechnet Köln? Und kann man vom Schreiben heutzutage wirklich leben?

Izquierdo: Köln, weil es in der Nähe meines Heimatdorfes liegt, weil ich mir keine andere Stadt vorstellen kann, in der ich lebe, und weil ich hier nahe am Fernsehen bin. Und leben vom Schreiben kann man nur als Drehbuchautor. Oder ich schreibe einen Bestseller. Aber das wollen die anderen 100.000, die jedes Jahr auf den Markt kommen, auch.

TZN: Ihr aktuelles Buch ist „Apocalypsia“. Mögen Sie unseren Lesern beschreiben, worum es geht?

Izquierdo: Ich habe mich gefragt, was eigentlich passieren würde, wenn Gott stirbt. Was passiert mit uns? Und vor allem: mit den Engeln. Sein Thron müsste neu besetzt werden, aber wer sollte das sein? Ein toller Thrillerstoff, denn darum gehts: Wer wird der neue Herrscher der Schöpfung? Und was ist jemand bereit dafür zu tun?

TZN: Gott liegt im Sterben, die Engel bekriegen sich gegenseitig… Das ist weitab des derzeitigen Vampirhypes, und eigentlich kennt man Engel auch eher als gütige, sanfte Wesen. Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?

Izquierdo: Ich habe vor Jahren mal eine Hierarchie der Engel gesehen − von Dionysius Aeropagitas. Da sind die Engel in neun Stufen unterteilt, was ich erstaunlich fand, denn ich selbst dachte, es gäbe nur Engel und Erzengel.

Die sind in diesem Diagramm die untersten Stufen. Das alles machte einen fast militärischen Eindruck, sodass mir das erste Mal klar wurde: Der Himmel ist eigentlich eine Diktatur.

TZN: Wie haben Sie für dieses Thema recherchiert und vor allem wie lange haben Sie an diesem doch umfangreichen Buch geschrieben?

Izquierdo: Ich habe viel über Engel gelesen, habe beim Lesen schon darauf geachtet, wer für mich eine handlungstragende Figur werden kann und wie er durch seine Vita auf die Geschichte einwirken kann. Geschrieben habe ich 1 und 1/2 Jahre.

TZN: Gab es Menschen, die gesagt haben „Andreas, das ist ein zu empfindliches Thema, das kannst du so nicht schreiben“?

Izquierdo: Nein, die meisten, eigentlich alle, waren von der Idee begeistert. Niemand hat sich darüber beschwert − bis heute nicht.

TZN: War es schwer, dafür einen Verlag zu finden?

Izquierdo: Ich hatte mit Rotbuch ja schon einen.
TZN: Bei Lovelybooks steht das Buch ja seit dem Erscheinen für die Leser zur Diskussion. Wie waren die Reaktionen auf Ihr Werk?

Izquierdo: Sehr positiv. Das hat mich sehr berührt, denn ich hatte das Gefühl, dass es viele geben könnte, die sich an der alttestamentarischen Härte des Buches stören könnten. Die Gewalt ist jedoch nur als Kollateralschaden einer wuchtigen Geschichte wahrgenommen worden. Die LeserInnen haben sich fast ausschließlich mit den Figuren auseinander gesetzt, haben sich mit ihnen identifiziert, sind ihnen gefolgt. Das war einfach nur toll.

TZN: Gab es einen Kritikpunkt, der Sie besonders getroffen hat?

Izquierdo: Nein, es gab nur eine Reaktion, die ich nicht verstanden habe: Eine Leserin vermerkte mehrmals, dass sie sich beim Lesen nichts vorstellen kann, Schwierigkeiten mit dem Genre hätte und irgendwie nichts versteht. So weit, so traurig, denn da kann man nicht helfen.

Dann verschwand sie aus dem Forum und ein paar Tage später bekam ich die mieseste Bewertung. Ich verstehe, wenn jemand schlecht bewertet und dies begründet. Das ist okay. Aber nichts zu verstehen, bedeutet auch: Es gibt nichts zu bewerten. Trotzdem zu werten ist einfach ungerecht. Das hat mich nicht getroffen, aber sauer macht es schon.

TZN: Wie wichtig ist es für Sie, bereits vor Veröffentlichung Kritik zu bekommen?

Izquierdo: Sehr. Schreiben ist ein sehr komplexer Vorgang, da ist man froh, wenn jemand gute Tipps bereit hält. Jede Form von konstruktiver Kritik ist hilfreich, was nicht heißt, dass man alles übernimmt, aber es hilft einzuschätzen, ob man noch verständlich ist oder ob es vielleicht noch einen besseren Weg gibt.

TZN: Oder ist Ihr Lektor der Erste, der Ihr Werk zu Gesicht bekommt?

Izquierdo: Nein, es lesen eigentlich immer welche mit.

TZN: Sie können ja nun auf eine ganze Reihe von Veröffentlichungen zurückblicken, historische Romane, Kriminalromane, Kurzgeschichten, Drehbücher… Einige von Ihren Werken wurden sogar ausgezeichnet. Warum beschränken Sie sich nicht auf ein Genre?

Izquierdo: Das sagt mir mein Agent auch immer. Mein Leben wäre leichter und ein großer Erfolg wahrscheinlicher. Aber ich kann in gewisser Weise nichts dafür: Eine Geschichte findet mich. Und ich spüre, dass ich sie machen muss. Die Belletristik ist ohnehin schon so eingeschränkt: Historisch (gerne mit Hebamme im Mittelalter), Dick-lit (lustige Männerthemen), Chick-lit (lustige Frauenthemen), Fantasy (gerne Vampire), Krimi/Thriller. Viel mehr gibts nicht.

TZN: Sie sind Mitglied der Krimi-Autorenvereinigung Syndikat. Können Sie unseren Lesern etwas Näheres über diese Gruppe und Ihre Arbeit darin erzählen?

Izquierdo: Das Syndikat ist der Zusammenschluss von über 600 Krimi-Autoren aus Deutschland, Schweiz und Österreich. Darunter auch so Prominente wie Ingrid Noll, Frank Schätzing oder Sebastian Fitzek. Wir treffen uns einmal im Jahr zur Criminale, dem größten deutschsprachigen Krimifestival. Mehr Infos gibt es unter www.das-syndikat.com oder www.die-criminale.de.

TZN: Woran arbeiten Sie gerade?

Izquierdo: Drehbücher, again.

TZN: Einige abschließende Worte?

Izquierdo: Mögen die Engel mit euch sein − aber besser nicht meine!

TZN: Vielen Dank für das Interview!

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Incoming Message Ausgabe 97 (#150) November 2010


„Bedenke stets des Wortes Macht, nutze es nie unbedacht!“

Brigitte Endres über Jamben, Feen und sich selbst

Wieder einmal hatte das TZN Gelegenheit, eine Autorin zu interviewen. Diesmal: Brigitte Endres.

TrekZone Network: Wer ist Brigitte Endres?

Brigitte Endres: Du lieber Himmel, wenn ich das wüsste! Das ist ja eigentlich DIE große philosophische Frage: WER BIN ICH? Aber ich denke, ein bisschen von mir steckt in dem, was ich schreibe, denn es kommt ja aus der Quelle dessen, was mich ausmacht.

TZN: Wie bist du zum Lesen beziehungsweise anschließend zum Schreiben gekommen?

Endres: Ich bin sehr früh mit Literatur in Berührung gekommen. Mein Großvater, ein Oberschulrat vom alten Schlag, las mir, kaum dass ich sprechen konnte, immer wieder die Kinderverse aus „Des Knaben Wunderhorn“ vor. Auch wenn ich bestimmt nur die Hälfte davon verstand, wurde wahrscheinlich damals schon die Liebe zum Klang der Worte geweckt. Und dann war da noch eine kugelrunde warme, weiche Oma, die mir auf Sächsisch Märchen erzählte. Von Gänselieseln und Königstöchtern, vom bösen Wolf und guten Feen. Als ich endlich selbst lesen konnte, habe ich alles gelesen, was mir in die Finger kam. Geschrieben habe ich schon als Kind, vor allem selbst erdachte Märchen, mit 15 eine kafkaeske Kurzgeschichte von einem Mann, der morgens aufwacht und alle Leute sind gut gelaunt − sogar sein misanthropischer Chef. (Mit 15 hat man eben noch Träume …“lach“) Aber ich studierte dann der Familientradition entsprechend − es wimmelt bei uns von Lehrern − doch für das Lehramt an Grundschulen. Erst in einem Zweitstudium kamen Germanistik und Geschichte dazu. Noch viel später, da hatte ich meine Söhne schon und war in den Schuldienst eingetreten, begann ich zu schreiben. Und zwar für meine Schulkinder.

TZN: Dein neues Buch heißt „Das Vermächtnis der Feen“. Magst du unseren Leserinnen und Lesern kurz erzählen, worum es darin geht?

Endres: Das ist in ein paar Sätzen kaum möglich, da die Geschichte sehr verflochten ist. Es geht zunächst um ein Mädchen, Josie, das in Chicago seinen Vater besucht, der an einem Genforschungsprojekt arbeitet. Dort begegnet Josie einer seltsamen Amsel, die sich plötzlich in einen kleinen Mann in einem Federmantel verwandelt und ihr eine Brosche mit zwei Drachenköpfen überbringt. Josie zweifelt an ihrem Verstand, bis sie auf Amy trifft, die auch so eine Drachenfibel besitzt. Die beiden stellen fest, dass sie noch sehr viel mehr Gemeinsamkeiten haben. Sogar bei ihren Großmüttern gibt es Parallelen, denn die eine ist Schriftstellerin, die andere Drehbuchautorin. Tatsächlich deutet ein altes Foto darauf hin, dass die Mädchen ein und denselben Urgroßvater haben. Durch einen Gentest lässt sich ihre Verwandtschaft eindeutig festmachen.

Edna, Amys Großmutter, war, das muss erwähnt werden, im Vorfeld des Geschehens von einem Tornado auf höchst mysteriöse Weise weggerissen worden. Der Bote aus der Anderwelt, denn das ist die Amsel, bittet Josie nach Eirinn zu kommen, um Narranda, das Goldene Land von den zerstörerischen Nebeln des finsteren Dorchadons zu befreien. Josie und Amy fliegen also nach Irland, wo Amy, kaum angekommen, während eines Gewitters von schrecklichen Schattengestalten entführt wird. In Irland wird Josie von ihrer Großmutter erwartet, die sich bei einem Professor eingemietet hat, der sich den alten Mythen verschrieben hat und eine riesige Bibliothek unterhält. Der Grund: Sie recherchiert für ein neues Fantasy-Buch.

Nun beginnt das eigentliche Abenteuer, in dem Josie nicht nur Amy und Edna retten muss, sondern auch von einem uralten Fluch erfährt, der auf den weiblichen Nachfahren ihrer Familie lastet. Doch stehen ihr Gefährten zur Seite. Gefährten aus der Welt am Rand der Träume, als auch aus der Welt der Dinge. Arthur, ein Junge, der aus einer alten Bardenfamilie stammt, wird ihr wichtigster Begleiter. Und sie gewinnt noch einen Freund, einen von dem sie es nicht für möglich gehalten hätte − ich will hier nicht zu viel verraten.

Alle Gefährten sind durch uralte Familienbande miteinander verbunden, doch das stellt sich erst nach und nach heraus. Nur gemeinsam können sie den Abstieg in das finstere Reich des bösen Dykeron wagen und die Aufgaben lösen. Und schließlich machen sie noch eine verstörende Entdeckung: Die Fantasien der schreibenden Großmütter, ja, die Imagination aller Beteiligten erwachen zum Leben …

TZN: Ein Teil der Figuren in diesem Fantasy-Roman spricht in Jamben. Wie bist du darauf gekommen?

Endres: Das Problem ist ja, dass sich Anderwelt-Wesen einer eigenen Ausdrucksweise bedienen müssen, um sich auch sprachlich von den weltlichen Protagonisten zu unterscheiden. Schließlich kam ich darauf, sie in jambischen Reimen sprechen zu lassen. Der Hintergrund: Die alten Mythen und Epen, die im Buch eine große Rolle spielen, waren zumeist in gereimten Versen abgefasst, da sie ja nur mündlich überliefert wurden, und man sie sich auf diese Weise besser merken konnte. Diese Entscheidung hat den Schreibprozess natürlich sehr verlangsamt. Doch bin ich froh, dass ich nicht aufgegeben habe. Denn es gibt dem Buch etwas Besonderes.

TZN: Du hast geschrieben, dass die jambischen Verse dem Buch eine besondere und poetische Note geben. Hast du keine Angst, dass das die Leser eher abschreckt?

Endres: Überhaupt nicht! Ich glaube sogar, dass die Reime den Reiz des Buches erhöhen − jedenfalls war das bei meinen Probelesern so, und meine Lektorin war richtig begeistert.

TZN: Hat das Jamben-Schreiben dir auch Lust auf einen Gedichtband gemacht?

Endres: Nein. Es liegt mir nicht sehr, mich elegisch auszudrücken. Lyrik ist ja auch etwas ganz anderes als Reime, wie ich sie verwendet habe.

TZN: Warum hast du nach all deinen Kinderbüchern jetzt einen Jugend-Fantasy-Roman geschrieben?

Endres: Gleich zu Beginn meines Autorenlebens habe ich einen historischen Jugendroman über das Dritte Reich geschrieben. Allerdings war der bei weitem nicht so umfangreich wie das „Vermächtnis der Feen“. Ich schreibe für alle Altersgruppen, vom Bilderbuch bis zum Jugendbuch. Ich schätze es sehr, neben einem langen epischen Stoff auch kurze Texte für jüngere Kinder zu verfassen. Man muss viel mehr auf den Punkt schreiben. Da muss jedes Wort sitzen! Eine gute Stilübung. Außerdem haben viele große Kollegen alle Altersstufen bedient, Astrid Lindgren zum Beispiel.

TZN: Ich habe auf deiner Website gesehen, dass du auch Kinderlieder geschrieben hast. Das ist ja nun eine ganz andere Richtung. Wie bist du darauf gekommen?

Endres: Die Lieder sind damals für meine Schulkinder entstanden. Musikalität liegt bei uns ebenso in der Familie wie das Schreiben. Aber das Wort ist mir näher als die Musik, dennoch geistern oft Melodien durch meinen Kopf und wollen zu Gehör gebracht werden. Und so entstehen auch heute noch ab und zu kleine Musikstücke.

TZN: Du hast gesagt, dass du auch heute noch aus der Struwwelliese zitieren kannst. Haben die Bücher deiner Kindheit deine schriftstellerische Tätigkeit sehr beeinflusst?

Endres: Ganz bestimmt haben mich die Bücher meiner Kindheit beeinflusst, aber es fällt mir schwer zu sagen, wie genau. Es ist mehr eine Gefühlswolke, eine Atmosphäre der Geborgenheit, die ich mit meinen Kinderbüchern assoziiere − und davon möchte ich gerade meinen jüngeren Lesern etwas schenken. Deshalb achte ich darauf, auch bei schwierigen Themen Lösungen anzubieten. Es muss immer Hoffnung geben.

TZN: Woher nimmst du die Ideen für deine Geschichten?

Endres: Ideen fallen von den Bäumen. Ich weiß nicht, woher sie kommen. Ich glaube, dass Autoren stark assoziativ denken. Manchmal ist es ein Name, etwas, das ich höre oder sehe, etwas, das plötzlich ungeplant eine Gestalt annimmt, aus der eine Geschichte entsteht.

TZN: Sind deine Kinder auch deine schärfsten Kritiker?

Endres: Nein, mein schärfster Kritiker bin ich selbst.

TZN: Du hast einen eigenen Verlag. Ist es schwer, sich in der Verlagswelt zu behaupten?

Endres: Es ist schlichtweg unmöglich − da man kaum Mittel zur Vermarktung hat. Der Libelli-Verlag, in dem ich anfangs einige wenige Bücher veröffentlicht habe, ist ein Nonprofit-Unternehmen, das mein Mann, der Maler H.D. Tylle, unterhält. Hauptsächlich erscheinen bei uns Kunstkataloge on demand für befreundete Künstler.

TZN: Eine Frage, die mich als Autorin interessiert: Woher nimmst du die Namen für deine Personen und Figuren?

Endres: Dafür nehme ich mir SEHR viel Zeit. Manchmal höre ich einen Namen, der mir gefällt, und baue eine Geschichte darum herum. Aber meistens suche ich lange nach einem klingenden Namen, der zum Typ des Protagonisten passt. Es gibt blonde und brünette Namen, Namen für lange und für kurze Nasen … Bisweilen schrecke ich auch vor bedeutungsvollen Namen nicht zurück. Herr „Plümo“ ist so ein Beispiel, der kleine Mann mit dem großen Schnurrbart und dem karierten Mantel, den Luis eines Abends in seinem Bett vorfindet.
TZN: Hast du den Eindruck, dass in unserer heutigen Zeit Kinder und Jugendliche gerne respektive viel lesen oder doch lieber vor dem TV oder PC sitzen?

Endres: Es gibt Leseratten und Leseverweigerer. Gestern wie heute. Ich glaube eher, dass der Medienüberfluss auf Kosten der Bewegung geht. Vielleicht lesen heutzutage sogar mehr Kinder als früher, weil Bücher verfügbarer sind und es dazugehört, bestimmte Stoffe gelesen zu haben, um die gerade ein Hype gemacht wird. Allerdings sagt uns die Statistik, dass Mädchen häufiger lesen als Jungen. Aber das ist auch nichts Neues. Kinderbuchverlage setzen deshalb immer mehr auf die Mädchen, und Pink-Reihen schießen wie Pilze aus dem Boden.

Wäre es nach mir gegangen, wäre das „Vermächtnis der Feen“ bei Thienemann direkt erschienen und nicht bei dem Thienemann-Imprint Planet Girl, denn es ist ebenso wenig ein reines Mädchenbuch wie „Tintenherz“.

TZN: Glaubst du, dass Feen, Elfen, sprechende Tiere und so weiter in der heutigen Zeit neben Wii und Action-Games noch einen (berechtigten) Platz haben?

Endres: Die Sehnsucht nach dem über die Realität Hinausgehenden ist heute größer denn je. Viele Kinder wachsen ohne die alten Märchen auf, weil schon die Eltern sie nicht mehr kennen.

Übrigens ist das ein wichtiges Thema des Romans, über den wir hier sprechen. Auch Sagen und Heiligenlegenden werden nicht mehr tradiert. Selbst die Geschichten aus der Bibel geraten zunehmend in Vergessenheit, da immer weniger Menschen religiöse Bindungen haben. Sicher kommt das auch daher, dass die Wissenschaft für viele Fragen Erklärungsmodelle liefert, auf die unsere Vorfahren nur mystische Antworten hatten. Trotzdem steckt in uns bis heute das tief verwurzelte Bedürfnis nach dem Okkulten. Daran ändert auch die fortschreitende Technisierung nichts, ganz im Gegenteil. Mit Esoterik und Fantasy schaffen wir uns neue mythische Räume.

TZN: Woran arbeitest du gerade?

Endres: Ich bereite − momentan vor allem gedanklich − meinen nächsten Roman vor, über den ich aber noch nicht sprechen möchte. Allerdings wird es wieder ein phantastischer Stoff sein. Daneben entstehen kürzere Texte für Bilder- und Vorlesebücher.

TZN: Einige abschließende Worte?

Endres: Ich möchte mit dem Motto des Romans schließen: „Bedenke stets des Wortes Macht und nutze es nie unbedacht!“ Es ist die Magie des Wortes, die alles kreiert, das Sichtbare wie das Unsichtbare, das Gute wie das Böse. Das ist die wichtigste Botschaft des „Vermächtnis der Feen“.

TZN: Vielen Dank für das Interview!

Erschienen in der Incoming Message 95/September 2010


„Ich bin mein Himmel und meine Hölle“

Autor Wolfgang Brunner über die Schreiberei und ein Leben ohne Handy und Auto

Wieder einmal hatte das TZN Gelegenheit, einen Autor zu interviewen. Diesmal: Wolfgang Brunner

TrekZone Network: Wer ist Wolfgang Brunner?

Wolfgang Brunner: Sich selbst zu beschreiben, fällt schwer. Spontan fällt mir ein Zitat aus Schillers „Die Räuber“ ein, das auf mich zutreffen könnte: „Ich bin mein Himmel und meine Hölle.“ Mein Himmel besteht aus vielen kleinen Dingen, wie Lesen, Musikhören und Unternehmungen mit der Familie. Meine Hölle besteht aus Schreibblockaden, die glücklicherweise eher selten vorkommen, und Überarbeitungen von Manuskripten, die lediglich als Rohfassung existieren.

TZN: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Brunner: Ich habe schon als Kind viel gelesen und da konnte es gar nicht ausbleiben, dass ich mich früher oder später an eigenen Geschichten versuchte. Mit zwölf Jahren tobte ich mich bei einer eigenen Heftchen-Reihe im Stil von „John Sinclair“ aus und schrieb an einem Science-Fiction-Roman, der schon damals mehr als 200 DIN-A4 Manuskriptseiten umfasste. Lesen und Schreiben liegt nah beieinander. Als ich dann im Jahr 1989 das Glück hatte, Michael Ende kennenzulernen, hörte ich nicht mehr auf, an mir zu arbeiten, um Autor zu werden. Seine Tipps waren und sind mir bis heute hilfreich.

TZN: Wie vereinst du Familie, Beruf und Schreiberei?

Brunner: Da gibt es nicht viel zu vereinen, weil − glücklicherweise, muss ich sagen − alles nahtlos ineinander greift. Das Schreiben wurde Teil des Familienlebens und umgekehrt. Ich habe das große Glück, mit meiner Lebensgefährtin, wann immer ich möchte, über meine aktuellen und auch unausgegorenen Projekte sprechen zu können. Meine Tätigkeit in einem Reisebüro war für die Schreiberei nie hinderlich. Ich fand immer Mittel und Wege, meinem „Laster“ nachzugehen.

TZN: Worum geht es in deinem neuesten Buch „Kim Schepper und die Kinder von Marubor“?

Brunner: Kim Schepper verliert ihren elfjährigen Bruder durch einen Autounfall. Es stellt sich allerdings heraus, dass der Junge nicht tot ist, sondern Teil eines geheimen Experiments war, mit dem „das Unternehmen“ den Menschen zu ewigem Leben verhelfen wollte. Zusammen mit anderen Kindern, an denen ebenfalls geforscht wurde, erkennt Kim, dass die Männer des Unternehmens mit allen Mitteln Macht über die Erde bekommen wollen. Eine Kaugummi kauende Fledermaus, ein hundert Jahre altes Segelschiff, das auf dem Trockenen liegt und den Kindern als Kommandozentrale dient und weitere Überraschungen erwarten den Leser.

Es handelt sich um den ersten Band einer geplanten, fünfteiligen Reihe. Zentrales Thema ist die Gier von Unternehmen nach Macht. Unkontrolliertes Konsumverhalten der Menschen, das fast schon als Sucht bezeichnet werden kann, stellt eine immer größere werdende Gefahr für die Erde dar. Außerdem wollte ich ernste Themen wie Sterben und Tod in die Handlung mit einbauen. Meine Absicht war, anhand einer spannenden Geschichte sowohl für Jugendliche als auch Erwachsene begreiflich zu machen, wie weit es führen kann, wenn man immer das Beste, Schnellste, Teuerste und Größte haben will. Ein dreizehnjähriges Mädchen nimmt den Kampf gegen solch ein Unternehmen auf, um zusammen mit ihren Freunden die Erde zu retten.

TZN: Wie bist du zu diesem Thema gekommen?

Brunner: Auslöser der Grundidee war zweifelsohne der Roman „Momo“ von Michael Ende. In unserer Welt hat das Streben nach materiellem Besitz oberste Priorität. Mir macht diese Entwicklung persönlich Angst, weil Menschen die Dinge, um die es im Leben wirklich geht, nämlich Liebe, Freundschaft, Gefühle und eine innige Verbindung zu Tier, Natur und Erde, nicht mehr genügend erkennen. Die Einarbeitung von ernsten Themen wie Sterben und Tod nahm während eines Gesprächs mit einem bekannten deutschsprachigen Sterbeforscher Gestalt an. Wie er war auch ich schon immer der Meinung, dass diese Tabuthemen nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen auf enormes Interesse stoßen. Erste Meinungen zu dem Buch haben diese Wahrnehmung bestätigt.

TZN: Du besitzt weder Handy noch ein Auto? Wie ist es dazu gekommen? Wie kommt man so in der heutigen Welt zurecht? Und beeinflusst es dein Schreiben? Und was sagen andere dazu?

Brunner: Vor langer Zeit besaß ich sowohl Auto als auch Handy. Ersteres habe ich abgeschafft, als ich erkannte, dass ich alle Orte, die ich erreichen möchte, auch ohne eigenes Auto erreichen kann. Im Gegensatz zu vielen Menschen sah ich in einem Fahrzeug niemals ein Statussymbol sondern nur einen Nutzgegenstand. Ein eigenes Auto ist für mich mittlerweile ein Luxus, den ich nicht benötige. Zum Handy: Ich habe die erste Hälfte meines Lebens ohne Handy verbracht, also werde ich die zweite auch ohne schaffen. Seit es Mobiltelefone gibt, habe ich das Gefühl, dass die Leute leider unzuverlässiger und unpünktlicher geworden sind. Auch wenn Viele meinen, Handys seien kommunikativ, aus meiner Sicht haben sie die Welt unpersönlicher gemacht. Die bedeutenden Dinge gehen unter, es wird über alles Mögliche geplaudert und geschrieben, das Gespräch von Angesicht zu Angesicht bleibt jedoch auf der Strecke. Es ist die Anonymität, die mir Sorgen bereitet: Heutzutage werden sogar Beziehungen per SMS beendet. Läuft da nicht etwas falsch?

TZN: Du siehst auch nicht fern, wie ich gelesen habe. Dafür viel DVD und Kino. Ist das nicht ein Widerspruch?

Brunner: Ich sehe da in keiner Weise einen Widerspruch. Meine Abneigung gegen das Fernsehen entstand in einer Zeit, als die Privatsender das Regime übernahmen. Das Fernsehprogramm setzt in den meisten Fällen Priorität auf Werbung und anderweitige Beeinflussungen des Zuschauers. Die Medien DVD und Kino hingegen widmen sich ganz und gar dem Film. Schon vor langer Zeit verging mir die Lust, vier Stunden vor dem Fernsehgerät zu verbringen, um einen Zweieinhalb-Stunden-Film anzusehen, bei dem ich am Ende feststellen musste, dass er dann doch gekürzt war, um die entsprechenden Werbeblöcke unterzubringen.

Mittlerweile besuche ich auch selten ein Kino, weil sich das Verhalten des Publikums in den letzten Jahren bedauernswerterweise gravierend geändert hat. Während früher die Menschen ihre Aufmerksamkeit dem Film auf der Leinwand widmeten, wird sich heute mit Chipstüten und SMS-Schreiben beschäftigt. Der Film ist nur noch Beiwerk.

TZN: Inwieweit beeinflusst Musik dein Schreiben?

Brunner: Ohne Musik gäbe es wahrscheinlich keine einzige meiner Geschichten. Ich mache mir zu jedem Projekt einen eigenen „Soundtrack“, der mich während der gesamten Zeit, in der ich an dem Roman arbeite, über Kopfhörer begleitet. Es ist schwer zu erklären, aber diese Musikstücke werfen mich, je länger ich sie höre, immer wieder in die gleiche Stimmung zurück, die über der Geschichte liegt und ja auch liegen soll. Ich beschreibe die Bilder, die ich in meinen Gedanken sehe, und die dafür zusammengestellten CDs sind sozusagen die Filmmusik dazu.

TZN: Du hast viele unveröffentlichte und angefangene (Ideen) Geschichten. Schreibst du parallel in verschiedenen Werken oder sammelst du erst einmal nur, was dir durch den Kopf geht?

Brunner: Das ist verschieden. In der Regel schreibe ich konsequent an einem Projekt, nur hin und wieder − wenn der Handlungsfluss stockt − schiebe ich eine Kurzgeschichte ein, die mich nicht in Ruhe lässt. Aber es gibt natürlich auch Ausnahmen: Wenn mir zum Beispiel eine Idee in den Kopf schießt, die förmlich danach verlangt, sofort niedergeschrieben zu werden, füge ich mich diesem Drang. So entstanden zu ein paar Romanprojekten bereits einige Seiten oder Kapitel, währenddessen ich das damals aktuelle Projekt kurzzeitig ruhen ließ. Gedanklich schreibe ich jedoch meistens an mindestens fünf verschiedenen Projekten gleichzeitig…

TZN: Warst du jemals an einem Punkt, wo du gedacht hast, du schmeißt die Schreiberei hin?

Brunner: Dieser Zeitpunkt kommt mit erschreckender Regelmäßigkeit alle sechs bis acht Wochen, manchmal sogar früher. Meine Lebensgefährtin kann ein Lied davon singen, was es bei mir heißt, die Schreiberei hinzuschmeißen. Ich denke, diese Anwandlungen hat jeder Schriftsteller. Wieso sollte er sich diese Freiheit aber nicht herausnehmen dürfen? Jeder Angestellte erlebt solche „Ich habe keine Lust mehr auf diesen Mist“-Phasen. Ein Autor zweifelt von einer Sekunde auf die andere an seiner Arbeit und möchte am liebsten alles vernichten oder für immer verschwinden lassen. Doch meist sind solche Anfälle von kurzer Dauer − so schnell gibt ein Schreiberling nicht auf, dafür ist das Jucken in den Fingern zu groß und die Gedanken im Kopf zu überwältigend.

TZN: Noch einige abschließende Worte?

Brunner: Wer regelmäßig Neues über mich erfahren will, kann sich für den Newsletter auf meiner Homepage registrieren, dort berichte ich von aktuellen Veröffentlichungen, Leseterminen und sonstigen interessanten Neuigkeiten. Da ich einen Kontakt zu Leserinnen und Lesern sehr schätze, findet man mich sowohl bei Facebook als auch bei MySpace.

Ich bedanke mich herzlich für das Interview und wünsche dem TrekZone Network weiterhin noch viel Erfolg.

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 Erschienen in der Incoming Message 94/August 2010


Die Zukunft … wenn Hamburg und Lübeck eins werden

Interview mit „Sektion 3/Hanseapolis“-Autorin Miriam Pharo

Wieder einmal hatte das TZN Gelegenheit, eine Autorin zu interviewen. Diesmal: Miriam Pharo, die „Sektion 3/Hanseapolis“ über eine Umweltkatastrophe in Deutschland im Jahr 2066 geschrieben hat.

TrekZone Network: Wer ist Miriam Pharo?

Miriam Pharo: Eine Frau in den besten Jahren (lacht), die beschlossen hat, dass es Zeit ist, sich ihren Kindheitstraum zu erfüllen. Nämlich den Menschen mit packenden Geschichten kleine Alltagsfluchten zu bescheren.

TZN: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Pharo: Gern geschrieben habe ich eigentlich schon immer. Als ich noch in Frankreich zur Schule gegangen bin, habe ich Märchen geschrieben, später in Deutschland Indianergeschichten − als Teenager war ich ein großer Karl-May-Fan! Viele Jahre später habe ich mich dem Werbetext verschrieben.

TZN: Wie vereinst du Familie, Beruf und die Schriftstellerei?

Pharo: Es ist alles nur eine Frage des richtigen Zeitmanagements. Trotzdem hätte ich gern mehr Zeit zum Schreiben.

TZN: Du bist freie Werbetexterin und viel unterwegs. Warum hast du ausgerechnet einen Science-Fiction-Roman geschrieben und keinen Reiseführer?

Pharo: Weil ich das schon gemacht habe. Vor über zehn Jahren habe ich in einer Wiesbadener Agentur gearbeitet, die für Tourismuskunden Reiseführer und Ähnliches entwickelt hat. Ich bin mit einem Fotografen durch Frankreich gereist und habe später dazu Artikel geschrieben. Ein super Job! Ich denke gern daran zurück. Tourismus ist eine tolle Branche.

TZN: Nun ist Science-Fiction ein Genre, bei dem man − im Gegensatz zu einem historischen Roman − nicht unbedingt recherchieren kann. Wie bist du an die Sache herangegangen?

Pharo: Bei einigen Technikthemen komme ich um die Recherche nicht herum. Ich habe keine entsprechende Ausbildung und will schließlich keinen Stuss schreiben! Häufig befinde ich mich in einer Art Analysemodus. Jede noch so unbedeutende Handlung, wie einfach nur aus dem Fenster schauen, kann Fragen nach sich ziehen: „Werden die Menschen der Zukunft überhaupt noch auf die Straße gehen oder bleiben sie in ihrer Cyberwelt verhaftet?“ Das betrifft sowohl alltägliche Dinge wie „Woraus wird Kaffee im Jahr 2066 bestehen?“ oder auch gesellschaftlich relevante Fragen im Stil von „Wie wird sich das Verbrechen entwickeln? Wird die menschliche Natur noch mehr verrohen oder werden wir eines Tages die Gefühlsnotbremse ziehen wie in „Equilibrium“?

TZN: Worum geht es in „Sektion 3/Hanseapolis“?

Pharo: „Sektion 3/Hanseapolis“ ist ein zweiteiliger Zukunftsthriller, der in einer nicht so fernen Zukunft spielt, nämlich im Jahr 2066. Norddeutschland ist in weiten Teilen durch eine Umweltkatastrophe unbewohnbar geworden. Hamburg und Lübeck sind zu Hanseapolis verschmolzen − einer Megacity mit über 20 Millionen Einwohnern. Louann Marino, neu im Morddezernat von Hanseapolis, untersucht gemeinsam mit ihrem undurchsichtigen Partner Elias Kosloff den Mord an einer jungen Frau. Was zunächst nach Prostitution und Menschenhandel aussieht, zieht immer weitere Kreise. Schließlich führen die Spuren in die stillgelegten U-Bahn-Schächte unterhalb der glitzernden Metropole …

„Schlangenfutter“ − der erste Teil meiner Geschichte − ist im Juli 2009 erschienen. Die Fortsetzung heißt „Schattenspiele“ und erscheint im Mai.

TZN: War es schwer, einen Verlag zu finden?

Pharo: Eigentlich nicht. Ehrlich gesagt habe ich nicht gesucht, sondern habe meinen Roman in Eigenregie als eBook veröffentlicht. Um das Medium für den Leser attraktiver zu machen, habe ich mir technische Gimmicks ausgedacht. Der Leser, oder sollte ich vielleicht besser sagen, der User des eBooks, konnte die Gedanken der Protagonisten, Hintergrundinfos und Illus per Mouse-Over sichtbar machen. So wurden zwei Verlage auf mich aufmerksam, darunter auch mein jetziger Verlag, ACABUS in Hamburg.

TZN: Welche Erfahrungen hast du gemacht? Gab es Vorurteile gegenüber einer Frau, die Science-Fiction schreibt?

Pharo: Sagen wir es mal so: Als Frau ist es sicherlich schwieriger, von männlichen SF-Fans ernst genommen zu werden.

TZN: Du bist auch auf Lesungen anzutreffen. Auf welchen, und war es schwer, als Nachwuchsautor „in der Szene“ Fuß zu fassen?

Pharo: In diesem Jahr war ich bislang auf zwei Lesungen. In Berlin habe ich im SF Club Andymon aus „Schlangenfutter“ gelesen. Auf der Leipziger Buchmesse habe ich eine erotische SF-Kurzgeschichte vorgestellt. Eine wirklich interessante Erfahrung. (lacht) Um die Frage zu beantworten: Ja, als Nachwuchsautor ist es in der Regel sehr schwierig, Fuß zu fassen. Man braucht viel Enthusiasmus und einen langen Atem. Und man sollte auch mal unkonventionelle Wege gehen.

TZN: Hast du vor Lesungen Lampenfieber, und wenn ja, wie bekämpfst du es?

Pharo: Klar bin ich vor Lesungen nervös, deshalb gilt vorher: üben, üben, üben. Das gibt Sicherheit und am Ende reduziert sich das Lampenfieber auf ein Minimum. Nach ein paar Sätzen dann ist es fast gänzlich verschwunden. Ich konzentriere mich auf den Text und auf das − hoffentlich − gebannte Publikum. Ein schöner Moment.

TZN: Einige abschließende Worte?

Pharo: Anlässlich der Erscheinung des zweiten Teils von „Sektion 3/Hanseapolis“ findet am 29. Mai eine Bunker-Lesung nördlich von Hamburg statt. Der genaue Standort ist geheim. Die Gäste werden mit Bussen abgeholt und hingefahren. Nach der einstündigen Lesung im verdunkelten Bunker, schließlich heißt mein Buch „Schattenspiele“, findet über Tage ein entspanntes BBQ statt, mit Autogrammstunde und allem, was dazu gehört. Infos und Reservierungen gibts auf www.spinnaker-events.de unter Autorenlesung. Ich freue mich auf zahlreiche Gäste!

TZN: Vielen Dank für das Interview!

Weiterführende Links

 Erschienen in der „Incoming Message“ Nr. 143 vom 01.04.2010


„Keine Geschichte sollte unerzählt bleiben!“

Melanie Brosowski im Interview mit dem Autor Harald Jacobsen

„Die ‚Star Trek‘-Serien haben mir Lust auf SF gemacht und letztlich zur Entwicklung eigener Ideen in diesem Umfeld geführt. Der erste Teil eines SF-Romans liegt zurzeit bei einem Verlag, der nach Ansicht der Textprobe großes Interesse  an einer Veröffentlichung zeigt. Weitere Ideen werden sich demnächst in der Reihe „Sternenfaust“ umsetzen lassen, da ich ab dem nächsten Zyklus zum Autorenteam dazukomme.“

Melanie Brosowski: Wer ist Harald Jacobsen?

Harald Jacobsen: Ein glücklich verheirateter Endvierziger, der in einer wunderschönen landschaftlichen Umgebung seiner Phantasie freien Lauf lassen kann.

Brosowski: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Jacobsen: Zunächst wurde ich zum Vielleser und träumte mich täglich in wilde Abenteuer in weit entfernten, fremden Ländern. Als Teenager erwachte der Gedanke, dass ich meine eigenen Ideen doch auch zu Papier bringen könnte. Zum Glück sind diese „Frühwerke“ verloren gegangen. Neben entnervten Deutschlehrern (14 Seiten pro Aufsatz waren ihrer Auffassung nach eindeutig zu viel!) folgte bald darauf das komplette Lehrerkollegium, da ich mir als Mitwirkender in der Schülerzeitung einen gewissen journalistischen Freiraum verschaffte. Es folgte eine Phase der „Normalität“ mit ehrbaren Berufen wie Kaufmann und Soldat, wo ich Familienvater wurde und wirtschaftliche Zwänge eine große Rolle spielten.

Doch ab dem Jahre 2003 änderte sich nach einer Krankheit meine Lebenseinstellung und Dank meiner wunderbaren Frau traute ich mir einen radikalen Wechsel zu. Ich schrieb meinen ersten „richtigen“ Roman und fing bei einer Zeitung in der Redaktion als freier Mitarbeiter an. Dann kam eine Zeit der Ernüchterung, als der Roman irgendwie unfertig erschien und ich mir Gedanken zu meinen Fähigkeiten machte. Als Resultat folgte eine intensive Ausbildung im Handwerk des Schreibens, wonach ich den Roman vollkommen neu schrieb und im August 2008 unter dem Titel „Das Geheimarchiv“ veröffentlichen konnte. Zwischenzeitlich gelang mir es immerhin, den Bastei-Verlag von meinen Fähigkeiten als Schriftsteller zu überzeugen und ich durfte in der Reihe „Chicago“ den Roman „Mit harten Bandagen“ veröffentlichen. Es kam das leider frühe Ende dieser Reihe und das überraschende Angebot, bei Jerry Cotton ins Autorenteam einzusteigen. Dort konnte ich mittlerweile mehr als 30 Romane zu der Reihe beitragen und bleibe Jerry Cotton sicherlich treu.

Daneben arbeitete ich für den VPH-Verlag als Schriftsteller, in dem vier eBooks unter dem Pseudonym Ben Ryker erschienen. Ausflüge zu weiteren Verlagen in der Kleinverlagsszene waren nicht ganz so erfreulich, gehören aber zum Lernen einfach dazu. Zukünftig wird es neben verschiedenen Reihen des Bastei-Verlages auch immer wieder eigenständige Romane geben.

Brosowski: Wie vereinbarst du Familie (Job?) und die Schreiberei?

Jacobsen: Da meine Frau ein eigenes Unternehmen hat, gibt es wenige Probleme mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten. Sie muss oft auch am Abend oder am Wochenende geschäftlich aktiv sein, so dass wir uns leicht abstimmen können. Gleichzeitig teilen wir viele Interessen und planen danach die verbleibende Freizeit. Zudem kann ich durch meine kaufmännische Qualifikation in einigen Dingen meiner Frau zur Seite stehen, wodurch eine große Unabhängigkeit besteht und ich somit keiner sonstigen Anstellung nachgehen muss.

Brosowski: Hast du ein schriftstellerisches Vorbild?

Jacobsen: Es gibt natürlich eine Menge Autoren, die mich stark inspirieren. Stellvertretend für den Thrillerbereich seien hier nur Robert Ludlum und Tom Clancy genannt. Alle tollen Autoren jetzt aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, da gibt es schlicht zu viele Kollegen mit großen Fähigkeiten. Deswegen lese ich nach wie vor mit Leidenschaft und genieße das Können der anderen Autoren.

Brosowski: Wer ist dein schärfster Kritiker und warum?

Jacobsen: Das ist ein sehr geschätzter Kollege von mir, nämlich Jean-Pierre Paulisch. Uns verbindet eine Freundschaft, die offene und ehrliche Kritik nicht nur zulässt, sondern speziell fordert. Wir nutzen uns gegenseitig als Testleser und achten das Urteil des Anderen.

Brosowski: Was sagen deine Freunde zu deinem Hobby?

Jacobsen: Es bleibt den meisten Menschen in meiner näheren Umgebung ein ewiges Rätsel, wie mir ständig neue Geschichten einfallen können. Dass ich mittlerweile als Schriftsteller lebe und trotzdem ein fast langweiliges Leben führe, stört ab und an das Vorurteil über den „typischen“ Schriftsteller.

Brosowski: Wie siehst du die derzeitige Situation von Jungautoren/Kleinverlagen?

Jacobsen: Die Vielzahl kleiner Verlage macht es jungen Autoren sicherlich ein wenig leichter, um überhaupt einmal eine Veröffentlichung zu erzielen. Diese Kleinverlage sind in der Regel jedoch mehr Leidenschaft als kommerzielles Wirken, denn mit kleinsten Auflagen kann kein Verleger ernsthaft Gewinne erzielen. Es ist diesen Verlegern also besonders hoch anzurechnen, dass sie vielen von uns durch ihr Engagement einen Weg zur Veröffentlichung ermöglichen. Ich hoffe daher sehr, dass es noch lange solche engagierten Menschen gibt und bin ihnen sehr dankbar für diese Belebung der Verlagsszene. Junge Autoren müssen sich jedoch bewusst machen, dass auch kleine Verlage auf das Handwerk achten. Eine tolle Idee alleine reicht einfach nicht aus und daher muss jeder Autor ständig an seinen handwerklichen Fähigkeiten arbeiten.

Brosowski: Hat die derzeitige Wirtschaftskrise deiner Meinung nach auch Auswirkungen auf die Autorenszene?

Jacobsen: Die Zahl der Autoren, die in Deutschland vom Schreiben leben kann, nimmt schon seit vielen Jahren beständig ab. Das zeigen die Erhebungen des Deutschen Schriftstellerverbandes und beweisen mir die Gespräche mit Kollegen und Kolleginnen. In diesem Zusammenhang kann die Wirtschaftskrise bei den Autoren direkt vielleicht gar nicht mehr so stark zum Tragen kommen, aber über den Weg der Kleinverleger schon eher. Geht diesen engagierten Menschen das Kapital aus ihrem eigentlichen Brotberuf aus, können sie sich den Verlag nicht mehr leisten. Geht der Verlag in der Szene verloren, fehlt eine Möglichkeit der Veröffentlichung. Auf diesem Umweg trifft die Krise dann auch uns Autoren.

Brosowski: Glaubst du, dass das eBook eines Tages das gebundene Exemplar ablösen wird?

Jacobsen: Nein. Es wird sich als weiteres Medium mit der Zeit sicherlich etablieren, aber nicht das gedruckte Buch ablösen. Mit dem iPhone kommt jetzt schon ein zusätzliches Medium für Veröffentlichungen hinzu, ohne dass ich von einem Verschwinden des gedruckten Buches ausgehe.

Brosowski: Hat deine Dienstzeit bei der Bundesluftwaffe beziehungsweise dein Faible für „Star Trek“ Einfluss auf deine Geschichten?

Jacobsen: Ja, da bestehen keine Zweifel. Die langjährige Dienstzeit in einer Aufklärungseinheit der NATO hat mir viele interessante Eindrücke verschafft und dient auch heute noch als Reservoir im Thrillerbereich. Die „Star Trek“-Serien haben mir Lust auf SF gemacht und letztlich zur Entwicklung eigener Ideen in diesem Umfeld geführt. Der erste Teil eines SF-Romans liegt zurzeit bei einem Verlag, der nach Ansicht der Textprobe großes Interesse an einer Veröffentlichung zeigt. Weitere Ideen werden sich demnächst in der Reihe „Sternenfaust“ umsetzen lassen, da ich ab dem nächsten Zyklus zum Autorenteam dazukomme.

Brosowski: Du hast das Schreiben bei professionellen Schreibern gelernt. Bist du der Meinung, dass man das Schreiben wirklich lernen kann oder muss eine gewisse Veranlagung dazu schon gegeben sein?

Jacobsen: Es gibt kein Schreiben ohne Talent und keine gut erzählte Geschichte ohne gekonntes Handwerk. Wer als Autor nur auf sein Talent setzt, droht an mangelnder Technik zu scheitern. Genauso wenige Chancen hat ein fleißiger Handwerker, dem leider das nötige Talent fehlt. Alle Technik der Welt kann keine tolle Idee/Inspiration ersetzen.

Brosowski: Warum liegt dein Schwerpunkt ausgerechnet bei Krimi/Thriller?

Jacobsen: Wie die meisten Deutschen habe ich ein Faible für Krimis und da liegt es sicherlich nahe, eigene Fälle zu konstruieren und zu erzählen. Ich lese Kriminalromane immer noch sehr gerne und sehe mir viele Krimis im Fernsehen an. Bei den Thrillern liegt es zum Teil an Robert Ludlum, der mir in meiner aktiven Militärzeit in die Finger gefallen ist. Seine treffenden Geschichten, die im Nachrichtenwesen und deren Schnittstellen zum Militär sowie Politik angesiedelt sind, haben mich begeistert. Ich wollte unbedingt ähnliche Geschichten erzählen und entwickle aktuell einen neuen Roman dazu, in dem die „wahren“ Hintergründe der Finanzkrise aufgedeckt werden.

Brosowski: Du hast auch Western veröffentlicht. Nun ist das ein Genre, das in Deutschland schwer zu verkaufen ist, außer es ist die 77. Auflage von „Lassiter“. Hast du das zu spüren bekommen? Wie haben die Verlage reagiert?

Jacobsen: Hier kam mir meine Zusammenarbeit mit Dr. Marzin vom Bastei-Verlag zu Gute. Als die Reihe „Western-Legenden“ entwickelt wurde, bot mir der Lektor Holger Kappel die Mitwirkung an, nachdem Dr. Marzin ihn auf mich aufmerksam gemacht hatte. Ich habe mich mit Begeisterung in die Recherchen zu den beiden Romanen gestürzt und dabei erkannt, wie gut der Autor sich in diesem Genre auskennen sollte. Neben dem speziellen Wissen (einmal zum Leben von Doc Holliday im Roman „Flucht aus Fort Griffin“ und dann über den Whitneyville Walker Colt für den Roman „Gegen jede Chance“) muss ein umfassendes Wissen über das Leben zu der Zeit kommen. Westernautoren sollten also schon sehr viele Kenntnisse mitbringen, die in ihren Werken spürbar sind. Leider hat der Western seine große Blütezeit hinter sich und findet nur noch wenig Beachtung in den diversen Medien. Verlage wie der Bastei-Verlag oder der Kelter Verlag setzen daher auf wenige Reihen oder Nachdrucke älterer Romane. Ich finde dabei übrigens langlebige Reihen wie „Lassiter“ oder „Jack Slade“ sehr gut, auch wenn die Art der Romane nicht jeden Westernfan erreicht. Es gibt daneben immer noch Verlage wie den Persimplex Verlag, der stärker auf die konventionellen Romane mit exakten historischen Hintergründen setzt. Autoren wie Alfred Wallon halten den Western zum Glück am Leben. Ich verfüge über einige Ideen im Westernbereich, aber deren Umsetzung fällt mangels Erfolgsaussichten leider den anderen Projekten derzeit zum Opfer.

Brosowski: Was ist dein aktuelles Projekt?

Jacobsen: Ich verfolge immer mehrere Projekte nebeneinander, um den kreativen Output zu bewältigen. Viele Ideen bleiben auf der Strecke, aber einige finden ihren Weg in fertige Romane. So arbeite ich aktuell an Ideen für den Einstieg in die Reihe „Sternenfaust“ und präsentiere sowohl einen SF-Roman als auch einen Actionroman bei unterschiedlichen Verlagen. Daneben überarbeite ich einen Krimiroman, entwickle einen Thriller und schreibe natürlich einen „Jerry Cotton“-Roman. Zudem erscheinen seit Juni in einer Regionalzeitung Fortsetzungskrimis von mir, die ich monatlich schreibe.

Brosowski: Einige abschließende Worte?

Jacobsen: Ich habe das große Glück, regelmäßig Romane auch veröffentlichen zu können. Doch allein die Möglichkeit, eigene Ideen in fertige Geschichten umzusetzen, ist ein unglaubliches Gefühl. Ich empfehle jedem Autor, der vielleicht noch nicht das Glück der Veröffentlichung hatte, einfach nicht aufzugeben. Mein Weg führte über das Internet und eBooks, weshalb ich diese Methode durchaus auch für gut halte. Dazu gibt es viele Plattformen im Internet, die offen für neue Autoren und deren Werke sind. Keine Idee/Geschichte sollte unerzählt bleiben! Sie ist es wert, das Licht der Öffentlichkeit zu erblicken. Niemand sollte sich von irgendwelchen selbst ernannten Qualitätsgutachtern abhalten lassen, solange Talent und Handwerk vorhanden sind.

Brosowski: Vielen Dank für das Interview!

Jacobsen: Ich habe zu danken und wünsche eurem Magazin weiterhin viel Erfolg, sowie euch den erforderlichen Spaß an der Mitwirkung dabei.

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